Was macht das Pflege-Familien-Zentrum Rostock?
Familienleben in MV | Hilfe & Beratung
26. Juli 2024 | Anne-Cathrin Luettke
In diesem Blogartikel lernen Sie die Arbeit des Pflege-Familien-Zentrums (PFZ) Rostock kennen. Was gehört alles zu den Aufgaben bzw. Arbeitsschwerpunkten? Wie wird man eine Pflegefamilie? Wie läuft die Vermittlung eines Pflegekindes? Wir haben uns mit Frau Susann Widuckel, Mitarbeiterin im PFZ Rostock zum Gespräch getroffen.

Hallo Frau Widuckel, danke, dass Sie sich Zeit für den Blog nehmen. Stellen Sie sich bitte einmal kurz vor.

Hallo. Ich bin Susann Widuckel und habe letztes Jahr mein Studium der Sozialen Arbeit beendet. Davor habe ich eine Ausbildung zur Mediengestalterin in Berlin gemacht und freue mich nun, dass ich seit Oktober 2023 meine Erfahrungen aus Beidem im Pflege-Familien-Zentrum miteinbringen darf.

Seit wann gibt es „Das Kind im Blick“ Pflege-Familien-Zentrum Rostock?

Gerade erst im letzten Jahr September hatte das Pflege-Familien-Zentrum sein 15. Jubiläum. Dieses Jahr sind es dann schon fast 16 Jahre.

Was sind Ihre die Aufgaben und Arbeitsschwerpunkte?

Wir, „Das Kind im Blick“ – Pflege-Familien-Zentrum der Caritas, wurden damit beauftragt, Pflegefamilien zu finden, die den besonderen Herausforderungen einer Pflegschaft gewachsen sind und begleiten bestehende Pflegeverhältnisse. Dabei arbeiten wir eng mit dem Jugendamt und anderen Institutionen zusammen.
Des Weiteren vermitteln wir Pflegekinder in Pflegefamilien und haben im Prozess der Pflegschaft die Aufgabe, im guten Kontakt zur Pflegefamilie zu stehen, Eltern zu begleiten, die Entwicklung und Bedürfnisse des Pflegekindes einzuschätzen und in Konfliktsituationen beratend tätig zu werden. Wir arbeiten mit den Herkunftsfamilien zusammen, um mögliche Umgangskontakte zwischen dem Pflegekind und seinen Eltern zu organisieren und zu unterstützen. Es ist von großer Bedeutung, Eltern darin zu unterstützen, trotz aller Umstände gute Wegbegleiter für ihr Kind zu bleiben und sich in ihre neue Rolle einzufinden.

Wir machen Öffentlichkeitsarbeit um über die Pflegekinderhilfe zu informieren und aufzuklären und wollen mit einer sorgfältigen und umfassenden Akquise neue Pflegeeltern finden und Sie auf Ihrem Weg umfassend unterstützen. Dazu gehören regelmäßig stattfindende Informationsabende, individuelle Beratungen von Interessierten, die 2-mal im Jahr stattfindenden Vorbereitungskurse und der Bewerbungs- & Anerkennungsprozess, in dem die Eignung der Bewerber*innen festgestellt wird.

Um Pflegeeltern zu stärken, ihnen zusätzliches Wissen zu vermitteln und auch Raum zu lassen für den Austausch mit anderen Pflegeeltern, bietet das Pflege-Familien-Zentrum regelmäßig Fortbildungen und Supervisionen zu unterschiedlichen Themen an.

Wie wird man eine Pflegefamilie? Was gibt es für Voraussetzungen?

Menschen, die den Gedanken haben Pflegefamilie zu werden, besuchen meist eine unserer Informationsveranstaltungen oder haben bereits ein Vorgespräch mit einem Mitarbeitenden des Pflege-Familien-Zentrums geführt. Wenn das Interesse weiterhin besteht, haben Sie die Möglichkeit sich zu einem unserer Vorbereitungskurse anzumelden. Dieser Kurs dauert 3-4 Monate, bei dem an 11 Abenden und einem Wochenendseminar die Interessierten auf die kommenden Aufgaben und Verantwortungen vorbereitet werden. Sie können sich mit verschiedenen Themen bezüglich der Pflegekinderhilfe auseinandersetzen. Neben der Wissensvermittlung ist dieser Vorbereitungskurs eine tolle Möglichkeit aneinander kennenzulernen und Teil einer Gemeinschaft zu werden.

Um Pflegeeltern zu werden, müssen Bewerber*innen bestimmte Voraussetzungen erfüllen und nach dem Vorbereitungskurs einen Bewerbungsprozess durchlaufen. Hier müssen Bewerber*innen eine Bewerber*innenmappe einreichen, die Kenntnis über die Motivation und über die gesundheitliche und finanzielle Situation geben soll. Zudem müssen die Bewerber*innen ein erweitertes Führungszeugnis einreichen. Gleichzeitig führen wir Gespräche mit den potenziellen Eltern, um die Familiensituationen, Biografie und das „neue Zuhause“ kennenzulernen. Anhand dieses Bewerbungsprozesses können sowohl wir als auch das Jugendamt die Eignung der Bewerber*innen feststellen, damit sie als Pflegefamilie anerkannt werden.

Pflegefamilie können Familien, Paare oder Alleinstehende werden. Alle Lebensformen, die in unserer Gesellschaft vertreten sind, können geeignete Lebensorte für Pflegekinder bieten. Wir suchen Menschen, die gesellschaftliche Verantwortung tragen möchten, die gern mit Kindern leben und sich mit Ihnen freuen können, die auch mit den leiblichen Eltern im Kontakt bleiben und die offen mit den Fachkräften zusammenwirken. Menschen, die eben bereit sind ein Kind vorübergehend oder auf Dauer bei sich aufzunehmen und ihnen eine liebevolle und sichere Umgebung bieten möchten.

Was gehört alles zu den Aufgaben der Pflegeeltern? Welche gesetzlichen Rahmenbedingungen müssen beachtet werden?

Was Pflegeeltern leisten, lässt sich kaum in wenigen Sätzen beschreiben. Die Aufgaben der Pflegeeltern sind vielseitig und von großer Bedeutung für die Entwicklung und das Wohlbefinden des Kindes. Zunächst einmal sind Pflegeeltern für die grundlegende und gesundheitliche Versorgung und Betreuung des Kindes verantwortlich. Darüber hinaus unterstützen und fördern sie das Kind in seiner körperlichen, geistigen und emotionalen Entwicklung und bieten dem Kind eine liebevolle und sichere Umgebung.

Ein wesentlicher Aspekt ist auch die Erziehung und Förderung des Kindes. Pflegeeltern vermitteln Werte und soziale Kompetenzen und unterstützen die individuellen Fähigkeiten und Talente des Kindes. Sie helfen dem Kind, sich in die Gemeinschaft und das soziale Umfeld zu integrieren. Pflegeeltern bauen eine vertrauensvolle und stabile Bindung zu dem Kind auf und bieten ihm emotionale Sicherheit und Unterstützung.

Darüber hinaus ist es wichtig, dass Pflegeeltern bereit sind mit dem Jugendamt und dem Pflege-Familien-Zentrum zusammenzuarbeiten. Wir möchten, dass Pflegeeltern mit ihren Aufgaben nicht alleine gelassen werden. Daher bieten wir regelmäßige Beratungen an und unterstützen die Pflegeeltern in all ihren Belangen. Bei regelmäßig stattfindenden Hilfeplangesprächen haben die Pflegeeltern die Möglichkeit, sich gemeinsam mit dem Jugendamt und dem Pflege-Familien-Zentrum über die Themen und Entwicklung des Kindes auszutauschen.

Die gesetzlichen Rahmenbedingungen sind klar definiert und im SGB VIII geregelt. Pflegeeltern benötigen eine Pflegeerlaubnis vom Jugendamt, die nach einer vielseitigen Eignungsfeststellung erteilt wird. Diese umfasst persönliche, gesundheitliche und wirtschaftliche Aspekte. Zwischen den Pflegeeltern und dem Jugendamt wird eine Pflegevereinbarung geschlossen, die die genauen Bedingungen und Verantwortlichkeiten regelt. Zur Unterstützung erhalten die Pflegeeltern Pflegegeld.

Auch die Rechte der leiblichen Eltern, wie das Umgangsrecht, müssen berücksichtigt werden, solange dies dem Kindeswohl nicht entgegensteht.
Pflegeeltern sollten ein hohes Maß an Verantwortungsbewusstsein, Empathie, Geduld und Offenheit für die besonderen Herausforderungen von Pflegekindern mitbringen und einen respektvollen und verständnisvollen Umgang mit deren Biografie und Erfahrungen pflegen. Pflegeeltern leisten einen unverzichtbaren und so wichtigen Beitrag zur positiven Entwicklung und zum Wohlbefinden des Pflegekindes.

Wie läuft die Vermittlung eines Pflegekindes ab?

Von der Anerkennung als Pflegeeltern bis zur Vermittlung eines Kindes kann eine gewisse Zeit vergehen. Nicht jede Familie ist die richtige für ein bestimmtes Kind und nicht jedes Kind passt in jede Familie. Die Vermittlungsprozesse sind immer wieder verschieden, weil die Bedarfslagen und die Lebensgeschichten individuell sind. In der Regel besteht zwischen den leiblichen Eltern und Jugendamt bereits eine Zusammenarbeit. Es kann sein, dass Eltern im Vorfeld Hilfen zur Erziehung beantragt haben und deutlich wird, dass eine Pflegfamilie die geeignetere Hilfe ist. Dann stellen die Eltern den Antrag auf diese Hilfeform. Häufig geschieht das aber auch über das Familiengericht. Die Vermittlung umfasst mehrere Schritte und wird vom Jugendamt und dem Pflege-Familien-Zentrum erarbeitet. Der Prozess ist sorgfältig strukturiert, um sicherzustellen, dass das Kind in ein sicheres und unterstützendes Umfeld kommt. Im Fokus stehen die Bedürfnisse des Kindes.

"Erst wenn alle ein gutes Gefühl entwickeln konnten, finden die Kontakte zwischen den Pflegeeltern und Kind statt und es beginnt der Anbahnungsprozess."

Zunächst wendet sich das Jugendamt an uns mit einem sogenannten Vermittlungsauftrag, der Auskunft über das zu vermittelnde Kind und deren Eltern gibt und den Bedarf ermittelt. Bevor überlegt wird, welche Pflegefamilie die passende sein könnte, werden Vorgespräche durch das Pflege-Familien-Zentrum mit den leiblichen Eltern geführt, um diese kennenzulernen, ihre Ansichten zu berücksichtigen und Vertrauen aufzubauen. Es ist wichtig, die Eltern in diesen Prozess miteinzubeziehen, da auch sie sich mit der Pflegefamilie wohlfühlen sollen, um gute Wegbegleiter für ihr Kind zu bleiben. Auch dem Kind gibt es Sicherheit und schützt es vor einem Loyalitätskonflikt, wenn die Eltern sich mit der Pflegefamilie verstehen. Auch für die im späteren Verlauf stattfindenden Umgangskontakte ist das von großer Bedeutung.

Ebenfalls werden Gespräche mit dem zu vermittelnden Kind geführt, um auch hier Vertrauen aufzubauen und die Bedürfnisse des Kindes kennenzulernen. Auf Grundlage der Bedarfsermittlung des Jugendamts, den Vorgesprächen mit dem Kind und seinen Eltern wird nun eine passende anerkannte Pflegefamilie gesucht. Daher ist der Vorbereitungskurs und der Bewerbungsprozess von enormer Bedeutung, da sie Erkenntnisse und Wissen über die möglichen Pflegeeltern geben und Grundlage für die Einschätzung sind, ob das Kind zu Ihnen passen könnte.

In einem nächsten Schritt lernen sich die Eltern und die potentielle Pflegefamilie kennen. Die Pflegeelternbewerber*innen erhalten alle Informationen, die zum Kind bekannt sind. Diese Gespräche sind meist sehr emotional berührend und beide stellen sich gegenseitig ihre Familien vor. Erst wenn alle ein gutes Gefühl entwickeln konnten, finden die Kontakte zwischen den Pflegeeltern und Kind statt und es beginnt der Anbahnungsprozess. Wie lange dieser dauert bestimmt einzig und allein das Kind und werden je nach Alter in diesem Prozess bestmöglich beteiligt. In mehreren, individuellen Treffen können sich Pflegeeltern und Kind näher kennenlernen und das Kind bekommt einen Eindruck von der Familie. Das können kurze Besuche und später auch Übernachtungen sein.

Wenn das Kind, Eltern und die Pflegefamilie sich miteinander wohlfühlen kann nach dem Anbahnungsprozess, der Übergang gestaltet werden und eine Pflegevereinbarung mit dem Jugendamt abgeschlossen werden. Das Pflegeverhältnis beginnt. In regelmäßigen Abständen finden Hilfeplangespräche mit allen Beteiligten statt, um zu schauen, wie sich das Kind in der Pflegefamilie entwickelt und welche Aufgaben jeder übernehmen sollte. Während des Pflegeverhältnisses werden die Pflegefamilien, das Pflegekind und die Eltern begleitet und unterstützt.

Welche Fragen werden Ihnen am häufigsten von den zukünftigen Pflegeeltern gestellt?

  • Wie gestaltet sich der Kontakt und die Umgänge mit den leiblichen Eltern?
  • Was passiert, wenn wir als Pflegeeltern nicht mehr weiterwissen?
  • Was passiert, wenn die leiblichen Eltern ihr Kind zurückwollen? Wie erfolgt die Rückführung?
  • Wie häufig gibt es Rückführungen?
  • Warum ist der Kontakt zu den leiblichen Eltern wichtig?

Vielen Dank für das Interview!

Das Pflege-Familien-Zentrum

Das Zentrum ist aufgeteilt auf zwei Standorte.
Kröpeliner Str. 16 und Richard-Wagner-Str.15, 18055 Rostock

Wenn Sie Kontakt aufnehmen wollen, rufen Sie uns an oder schreiben uns eine Mail!
Tel: 0381-87736210
Mail: pflege-familien-zentrum@caritas-im-norden.de

Mehr Informationen finden Sie unter www.muech.de oder auf Instagram

Nächste Infoveranstaltungen

Informationsabende für Bewerber*innen, Interessierte und alle, die neugierig sind. Die Infoveranstaltungen finden jeweils um 19 Uhr statt.

Montag, 14.10.24 im SBZ Groß Klein „Börgerhus“ (Gerüstbauerring 28, 18109 Rostock)
Mittwoch, 27.11.24 in der Ev.-Luth. Innenstadtgemeinde (Bei der Marienkirche 1, 18055 Rostock)
Donnerstag, 28.11.24 im SBZ Südstadt (Ziolkowskistr. 12a, 18059 Rostock

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