Das ist eine staatlich anerkannte und ausgebildete Hebamme/Kinderkrankenschwester mit einer Zusatzqualifizierung (dauert in der Regel ca. 1 Jahr) zur FGKiKP/Familienhebamme. Diese übernimmt die Betreuung von Familien ab der 9. Lebenswoche des Kindes bis zum Ende des ersten Lebensjahres. Vorrangig sind Familienhebammen bzw. FGKiKP in Familien mit schwierigen Lebensumständen (z. B. bei Suchtproblemen oder bei finanziellen Problemen) tätig und unterstützen die Familien bei der Versorgung von Kindern.
Eine Familienhebamme finden Sie über das zuständige Gesundheitsamt im Landkreis, die Ansprechpartner sind auf der Homepage der Landesfachstelle Familienhebammen in M-V vermerkt (www.familienhebammen-in-mv.de). . Wichtig ist ein gutes Netzwerk, so dass Kinderärzte, Kliniken, Gynäkologen, Hebammen usw. über die Tätigkeiten von Familienhebammen und FGKiKP´s Bescheid wissen und an das Amt vermitteln können.
In ganz Mecklenburg-Vorpommern gibt es aktuell circa 40 aktive Fachkräfte und im Landkreis Rostock 5 bis 6 Familienhebammen/FGKiKP.
Ich selbst mache es nebenberuflich und arbeite in der KMG Klinik in Güstrow. Gut ist, dass man die Familien dann schon in der Klinik kennenlernt und bereits Vertrauen aufgebaut hat. Durch das gute Netzwerk kennen sich alle gegenseitig und wir stehen in einem guten Kontakt untereinander. Die Kolleg*innen von der Gynäkologie in der KMG Klinik melden sich bei mir, wenn sie bei Familien einen Unterstützungsbedarf erkennen. Ich kann mich bei den Familien vorstellen und Vertrauen aufbauen. Aus Erfahrung laufen die Fälle, die bereits in der Klinik anlaufen, sehr gut.
Das kann ich genau sagen - die zweite Familie, die ich betreut habe: Der Unterstützungsbedarf ist schon in der Klinikdeutlich geworden. Die Eltern lehnten anfangs alle Hilfsangebote ab. Nach einigen Wochen kam dann die Anfrage über das Jugendamt an meine Koordinatorin im Gesundheitsamt. Da ich die Familie bereits kannte, nahm ich den Fall an. Es gab viele Versuche den Kontakt zur Familie aufzubauen und es hat lange gedauert bis das Vertrauen da war. Es entwickelte sich eine tolle gegenseitige Zusammenarbeit und ich betreute die Familie und das Kind bis zum ersten Lebensjahr. Zum 1. Geburtstag des Kindes wurde ich mit eingeladen und mit einem Geschenk verabschiedet.
Ja, vor allem Familien, bei denen die Anfrage über das Jugendamt an das Gesundheitsamt kommt, sind anfangs sehr skeptisch. Sie haben eine kleine Hemmschwelle zum Jugendamt und sind dann aber doch offen, wenn sie hören, dass ich Familien- Gesundheits- und Kinderkrankenschwester bin.
Dieses Jahr habe ich ca. 10 Familien betreut. Ich begleite die Familien bei Fragen zur Ernährung des Kindes, Problemen bei der Haushaltsführung, finanziellen Problemen (z. B. Schulden, Suchtprobleme) oder psychischen Auffälligkeiten bei den Eltern.
Durchschnittlich tatsächlich bis zum 1. Lebensjahr. Denn im Gespräch merkt man, dass Vertrauen da ist und man sich aneinander gewöhnt hat. Manchmal geht sie sogar über das 1. Lebensjahr hinaus. Es gibt eine Familie, die ich noch nachbetreue aufgrund einer speziellen Belastung (Suchtprobleme der Eltern).
Ganz klar ist es ein toller Ausgleich zu meiner Arbeit in der Klinik. Ich habe längeren Kontakt zur Familie, ich sehe die Entwicklung des Kindes und die Erfolge und die Dankbarkeit der Eltern. Ich gehe immer zufrieden nach den Hausbesuchen nach Hause.
Ganz klar: Liebe, Geborgenheit und Sicherheit.
Ja, sowohl bei der Arbeit in der Klinik als auch als FGKiKP. Ich betreue gerade eine Familie mit Migrationshintergrund, das ist etwas schwieriger. Aber zum einen gibt es einen tollen Übersetzer im Handy und erfahrungsgemäß ist oft ein Dolmetscher dabei. Zur Not mit Händen und Füßen.
Wichtig ist, es immer wieder zu versuchen und Verständnis zu zeigen. Viel reden und versuchen, sie davon zu überzeugen, dass der Tipp vielleicht nicht schlecht ist. Wenn es gar nicht klappt, dann andere Hilfe- und Unterstützungsmöglichkeiten suchen z. B. bei den Netzwerkpartnern.
Es baut sich langsam auf. Oft habe ich nur die Anfrage vom Gesundheitsamt und ein paar kurze Informationen. Aber ich mache mir grundsätzlich gern ein eigenes Bild und entscheide vor Ort bei der Familie.
Speziell auf die Ernährung des Kindes bezogen nehmen die Eltern die Unterstützung sehr gut an. Wahrscheinlich, weil ich Kinderkrankenschwester mit 30 Jahren Erfahrung bin und auch ein eigenes Kind habe. Die Hemmschwelle ist bei Suchtproblemen und finanziellen Angelegenheiten größer, weil die Familien sich zum Teil schämen und nicht darüber reden wollen... das ist dann meist ein längerer Prozess.
Für mich ist die längere Betreuung wichtig. Dadurch erkennt man die Defizite bzw. Problemlagen in der Familie und kann diese in kleinen Schritten besprechen und Hilfe suchen. Das finde ich sehr wichtig und das ist bei einer kurzweiligen Betreuung nicht so möglich. Man muss sensibel vorgehen. Jede Familie ist unterschiedlich. Manche sind sehr offen und manche sehr verschlossen und haben psychische Probleme. Da muss man vorsichtig sein mit seiner Wortwahl.
Ich wünsche mir mehr Aufklärungsarbeit und eindeutig mehr Aufmerksamkeit für unsere Arbeit. Dass die Information zu den Familienhebammen und Familien-Gesundheits- und Kinderkrankenpflegerin mehr in die Familien geht und sie wissen, dass es da Hilfe gibt. Von der Gesellschaft wünsche ich mir, dass wieder mehr zugehört und miteinander gesprochen wird. Und, dass sich untereinander mehr geholfen wird und man gegenseitig aufeinander aufpasst.
Und von der Politik ganz klar, dass einige Anträge einfacher gestaltet werden müssen. Die finde ich selbst sehr kompliziert und für manche Familien sind sie unüberwindbar. Da brauchen sie unbedingt Hilfe.
Ich denke wir haben alles gut angeschaut. Ihre Familien, die generelle Arbeit und warum es Ihnen so Spaß macht. Herzlichen Dank für das Interview!
Hintergrundinformation:
Das Landesprogramm Familienhebammen wird vom Ministerium für Soziales, Gesundheit und Sport Mecklenburg-Vorpommern seit 2008 gefördert. Es stellt ein wichtiges Angebot im Rahmen der Frühen Hilfen dar. Ziel ist es jungen Familien frühestmögliche Angebote zur Stärkung ihrer Beziehungs- und Erziehungskompetenz zur Sicherung des Kindeswohles zu unterbreiten. Ein wesentlicher Beitrag dieses Ziel zu erreichen ist der Einsatz von Familienhebammen und Familien-Gesundheits- & Kinderkrankenpflegerinnen.
Die Frühen Hilfen in Mecklenburg-Vorpommern umfassen verschiedene Unterstützungsangebote. Diese werden in Netzwerken Frühe Hilfen koordiniert. Hier arbeiten Fachkräfte aus unterschiedlichen Bereichen der Frühen Hilfen zusammen: Fachkräfte aus dem Gesundheitswesen, der Schwangerschaftsberatung, der Frühförderung und der Kinder- und Jugendhilfe und noch viele mehr. Die Fachkräfte tauschen ihr Wissen über ihre jeweiligen Angebote aus und stimmen diese aufeinander ab, um Sie als Familie bestmöglich unterstützen zu können. Netzwerkkoordinator*innen steuern und begleiten die Vernetzungsarbeit in Ihren Landkreisen und kreisfreien Städten.