Anne-Cathrin Lüttke vom Team der FamilienInfo MV hat über die Möglichkeiten und Chancen der Vorsorge mit Dr. med. Andrea Münch, Fachärztin für Diagnostische Radiologie in Neubrandenburg gesprochen.
Foto: FamilienInfo MV, ACL
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»Brustkrebs ist die häufigste Krebserkrankung bei Frauen. Über 70.000 Mal im Jahr stellen Ärztinnen und Ärzte aktuell die Diagnose „Mammakarzinom“ bei einer Frau, über 17.000 Frauen sterben jährlich daran. Wenn auch die häufigste Krebserkrankung bei Frauen, so ist Brustkrebs in der Regel nicht die gefährlichste Krebsart. Rechtzeitig erkannt und behandelt, sind die meisten Erkrankungen heilbar.« (Quelle: Krebsgesellschaft.de, 20.10.22)
Die Chancen, den Brustkrebs zu besiegen, stehen also im Vergleich zu anderen Krebsarten gut. Von den betroffenen Menschen überleben rund 76 Prozent den Brustkrebs. Eine Quote, die hoffnungsvoll stimmt. Damit sie noch weiter steigt, gibt es die Brustkrebsvorsorge und einige Dinge, die wir als Frauen (aber auch die Männer) selbst tun können.
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»Schön ist, wenn man Menschen die Angst vor der Untersuchung nehmen kann. Sie beruhigen kann mit guten Nachrichten. Klarheit zu schaffen ist wichtig. Und auch zu zeigen, selbst bei einem bestätigten Befund gibt es einen Weg.«
Andrea Münch spricht ruhig, lächelt immer wieder. Sie ist Fachärztin für diagnostische Radiologie mit über 25 Jahren Erfahrung. Die Aufklärung zum Thema Brustkrebs ist ihr ein Herzensanliegen, das ist zu spüren. Mit Angst in der Brust braucht eben niemand durchs Leben zu gehen.
Bundesweit gibt es ein Programm zur Früherkennung von Brustkrebs. Alle Frauen zwischen 50 und 69 Jahren haben darauf Anspruch. Alle zwei Jahre kann eine Mammografie im Rahmen der Vorsorge vorgenommen werden. Als Mammografie wird eine spezielle Röntgenuntersuchung für die Brüste mit geringer Strahlendosis bezeichnet. Dabei können auch Knoten gefunden werden, die noch nicht ertastbar sind. Sogar eine Tendenz zum Brustkrebs kann anhand von Verkalkungen im Gewebe mit dieser Diagnostik festgestellt werden.
Die eingangs genannten Zahlen von Betroffenen sind so lange abstrakt, bis man jemanden kennt, der diese Diagnose erhält oder man sogar selbst betroffen ist. Fast jeder kennt jemanden, der Krebs hat oder hatte. Ich selbst hatte vor einigen Wochen einen Tastbefund (so nennt man es, wenn man selbst oder ein*e Ärzt*in eine Verhärtung in der Brust ertastet). Nach zwei Sonografien, also Ultraschall-Untersuchungen und einer Mammografie konnte ich aufatmen: Es ist keine Krebserkrankung. Die eine Woche zwischen Verdacht und endgültigem Befund ließ mich aber im Ansatz erahnen, durch welche Gefühle Menschen gehen, die tatsächlich an Brustkrebs erkranken.
Meine Tante hatte Brustkrebs, überlebte ihn. Sie starb viele Jahre später an einem Lungenkarzinom, sekundär. Das heißt, es hatte nichts mit ihrer ersten Erkrankung zu tun. Dennoch: Sie war erst 63 Jahre alt. Viel zu jung.
Damit genau in dieser hauptsächlich von Brustkrebs betroffenen Altersklasse mehr Frauen achtsam mit sich und ihren Brüsten sind, aber auch Männer erfahren, dass auch sie betroffen sein können, schreibe ich diesen Beitrag.
Was kann also getan werden, um Brustkrebs frühzeitig zu erkennen? Neben der medizinischen Diagnostik kann jede*r vor allem selbst Hand anlegen. »Die Selbstuntersuchung ist ein ganz wesentlicher Baustein: Tasten Sie Ihre Brust regelmäßig ab, haben bzw. entwickeln Sie ein Gefühl für Ihre Brüste und gehen Sie vor allem auch mindestens einmal pro Jahr zu Ihre*r/m Gynäkolog*in.«
Dabei spielt laut Frau Dr. Münch eine genaue Reihenfolge oder bestimmte Griffart bei der Selbstuntersuchung keine so große Rolle, aber der Zeitpunkt, wann man sich selbst abtastet. »Es sollte immer in der gleichen Zyklusphase sein, also am besten alle vier Wochen. Denn wenn oder bevor Frauen ihre Periode haben, schmerzt die Brust bei einigen oder ist fester als sonst.«, so Dr. Münch. Einige Frauen nutzen Periodenkalender (Papier oder digital), um ihren Zyklus zu dokumentieren. So lassen sich auch Veränderungen besser feststellen und man bekommt ein besseres Gefühl für seinen Körper.
Für die Frage, warum nur Frauen in der Altersklasse von 50 bis 69 Jahren das Screening in Anspruch nehmen können, gibt es eine ganz logische Begründung: »Diese Altersklasse hat, auch durch hormonelle Veränderungen in den Wechseljahren, das höchste Brustkrebsrisiko. Das bedeutet auch, dass wir hier die meisten Frauen vor Brustkrebs bewahren können bzw. sie frühzeitig mit guten Erfolgschancen behandeln können.«
Auch jüngere Frauen können zur Mammografie gehen, allerdings nur, wie auch in meinem Fall, bei Verdachtsmomenten. Also auch als Frau unter 50 Jahren immer die Frauen-Ärztin/den -Arzt ansprechen, wenn man etwas ertastet, was sich komisch anfühlt. Dann kann eine Überweisung zur Mammografie und/oder Sonografie erfolgen, bei der abgeklärt werden kann, was los ist. Ebenso bei familiären Vorbelastungen, also Krebsfällen in der nahen Verwandtschaft.
Die Teams und Fachärzte*innen in den 19 Standorten, die für das Mammo-Programm zertifiziert sind, sind speziell geschult. Alle zwei Jahre wird die Qualifikation der MTRA (Radiologieassistent*innen) geprüft und es finden Weiterbildungen statt. Die Ärzt*innen müssen sogenannte Fallsammlungsprüfungen einreichen. Heißt für die Patient*innen: Man ist in guten Händen.
Foto: FamilienInfo MV, ACL
Denise Drews (rechts im Bild) ist MTRA in der Radiologie an der Marienkirche in Neubrandenburg. Mit viel Empathie, Hilfsbereitschaft und Herz geht sie auf die Patient*innen ein, wie ich es auch bei meinen Untersuchungen erlebt habe. Kleine Gesten, wie eine Hand, die Halt gibt oder ein zuversichtliches Lächeln sind für Frauen und Männer in dieser Situation so wichtig und nicht immer selbstverständlich. Danke dafür!
Manchmal haben wir das Gefühl, dass man ständig nur noch von Krebs hört. Als würde es immer mehr werden. »Die Menschen werden älter, wir haben eine sehr gute medizinische Versorgung und meist werden Tumore entdeckt, wenn sie noch klein sind. Eben auch, weil mehr aufgeklärt wird und viele Menschen aufmerksamer geworden sind.«, so die Ärztin.
Dennoch, nach ihrer Einschätzung sind es nur etwa die Hälfte der angeschriebenen Frauen (50-69 Jahre), die das Vorsorgeangebot nutzen. Warum ist das so? Einerseits ist es vielleicht die Themenfülle, mit der wir alle täglich konfrontiert sind, andererseits vielleicht aber auch die Skepsis und Angst vor der Untersuchung, vermutet die Radiologin. Umso wichtiger sei die gute Aufklärung.
Was kann neben der Untersuchung noch getan werden, um das Krebsrisiko zu verringern? Ein großer Punkt ist, wie fast immer bei der Gesundheit, der Lebensstil. Heißt: Nicht rauchen, sich ausreichend bewegen, eine ausgewogene Ernährung und nicht zu viel Stress. Vor allem das Rauchen ist hier aber der größte Faktor für alle Arten von Krebs und »erhöht generell das Risiko zu erkranken« , betont Dr. Münch. Inwiefern auch E-Zigaretten ein Risiko darstellen, darüber werden die Studien erst noch Aufschluss geben müssen.
Fazit: Wir alle können viel tun, um unser Krebsrisiko zu verringern. Die Vorsorgeangebote sollten unbedingt genutzt werden. Denn die Mammografie tut nicht so weh, wie viele fürchten. Die Brust wird zwar leicht gepresst, aber nur für wenige Sekunden und der Schmerz ist gut zu ertragen. Und auch wenn Menschen von Krebs betroffen sind, gibt es bei der Brust viele Methoden, den Krebs zu bekämpfen. Teils sogar mit einer Hormontherapie, bei der die Patient*innen gar keine Bestrahlung oder Chemotherapie benötigen, erzählt mir die Radiologin. Denn auch wenn Krebs ein unangenehmes Thema ist, »so kann man doch so viel Gutes tun«. Und da kann ich Frau Dr. Münch nur zustimmen und bedanke mich an dieser Stelle für ihre Zeit & ihr Engagement.
Damit wir mit Freude im Herzen durchs Leben gehen können, ohne Angst in der Brust.
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Das Mammo-Programm ist ein bundesweites Programm zur Früherkennung von Brustkrebs. Jede Frau zwischen 50-69 Jahren hat Anspruch auf das Screening alle zwei Jahre. Der Anspruch wird per Post angekündigt. Alle Frauen, die in diesem Alter sind und in Deutschland eine Meldeadresse haben, werden von einer zentralen Stelle in ihrem Bundesland angeschrieben. Für MV ist das seit 2006 die „Zentrale Stelle für Mammografie-Screening Mecklenburg-Vorpommern“ in Schwerin. Infos dazu auch unter: www.brustkrebsvorsorge-mv.de
Die Kosten für das Screening übernehmen die gesetzlichen Krankenkassen. Bei privaten Krankenkassen muss der Anspruch individuell bei der jeweiligen Kasse erfragt werden. In MV gibt es vier Screening-Einheiten mit 19 angeschlossenen Mammografie-Standorten. (Quelle: brustkrebsvorsorge-mv.de) Die Praxis Dr. Fischer & Dr. Petrik »Radiologie an der Marienkirche« ist einer der 19 Standorte.